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Mahdi

Nachdem die Briten 1882 de facto die Macht in Ägypten übernommen hatten, fiel auch der Sudan in ihr Herrschaftsgebiet. Die Ägypter hatten ihre Herrschaft über Jahrzehnte nach Süden hin ausgedehnt, doch blieb der Sudan eine schwer zu kontrollierende Provinz. Seit 1881 befand sich der Sudan in Aufruhr. Der von seine Anhängern als Heiliger und Messias verehrte Muhammad Ahmad, der sich selbst Mahdi nannte, führte eine religiös-fanatische Rebellion gegen die ägyptische Herrschaft.

Ein ägyptisches Heer unter der Führung von Colonel William Hicks wurde zur Niederschlagung des Aufstandes ausgesandt.
Die Armee geriet im November 1883 bei Shaykan in einen Hinterhalt. Ein Großteil der Gewehre und der modernen Artillerie wurde dabei von den Mahdi-Anhängern erbeutet. Nach diesem Rückschlag entschieden die Briten, die Administration des Sudans aufzugeben und alle ägyptischen Einheiten und Beamte abzuziehen. Den Rückzug aus dem Sudan sollte General Gordon von Khartoum aus organisieren. Dieser unterschätzte jedoch die Mahdi-Bewegung und befahl statt des Abzugs die Verteidigung Khartoums. Die Mahdi-Kämpfer belagerten Khartoum, so dass die Briten ein weiteres Kontingent Expedition unter Wolseley senden mussten (10.500 Mann). Bei Abu Klea wurde die Vorhut von Wolseleys Armee beinahe von den fanatisch kämpfenden Derwischen vernichtet. Als die Mahdi-Kämpfer vor Khartoum von dem Erfolg gegen die englisch-ägyptische Armee erfuhren, stürmten sie die Stadt am 28.1.1885. General Gordon wurde dabei getötet. Sein Tod machte ihn für die britischen Imperialisten zum Märtyrer, der für die Aufrechterhaltung von Ordnung und Zivilisation gestorben war.

Die Briten unter Lord Horatio Kitchener begannen 1896 einen systematischen Eroberungsfeldzug im Sudan. Man befürchtete, dass andere Mächte ihren Einfluss auf den Oberlauf des Nils ausdehnen würden. In der Öffentlichkeit wurde Kitcheners Feldzug als Rache für die Ermordung General Gordons und die Vertreibung der Briten aus Khartoum durch die Anhänger des Mahdi 1885 dargestellt. Hinter den vorrückenden Truppen wurde eine Eisenbahnlinie gebaut. Damit konnte das Land erschlossen und kontrolliert werden. Am 2.9.1898 trafen bei Omdurman 40.000 Derwische auf die britische Armee (26.000). Die Schlacht entschied den Krieg im Sudan. Die Derwische kämpften zwar mit Hingabe, konnten gegen die modern ausgerüsteten Briten nichts ausrichten. Die Zahlen sprechen für die Ungleichheit dieses Kampfes: 400 britische Verluste gegenüber 30.000 sudanesischen Toten und Verwundeten. Die Briten unternahmen bei Omdurman einen der letzten Kavallerieangriffe der Geschichte. Auch Winston Churchill kämpfte bei Omdurman. Die Brutalität der Schlacht von Omdurman und die anschließende Niederwerfung der Mahdi-Bewegung entfachte in Großbritannien eine lebhafte Diskussion über die Kolonialpolitik.

Der Nachfolger des Mahdi wurde 1899 gefangengenommen. Der Sudan wurde im gleichen Jahr ein anglo-ägyptisches Kondominium. Eine französische Expedition war 1898 bis nach Faschoda am Nil vorgestoßen. Nach dem Sieg über die Mahdi-Anhänger erfuhren die Briten davon. Lord Kitchener selbst ging nach Faschoda, um mit den Franzosen deutlich zu machen, dass der Sudan nun ausschließlich britisches Einflussgebiet sei. Frankreich scheute die Eskalation des Konflikts mit Großbritannien, die unabsehbare Folgen für Frankreich haben könnte. Das französische Expeditionskorps zog sich zurück.

aus: www.regis-net.de
Markus König