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Freihandelszonen sind Gebiete,
die in Zoll- und Regierungsangelegenheiten unabhängig von der Rechtsprechung
des Staates sind, in dem sie sich befinden.
Sie bieten eine Reihe von Anreizen, die es für Unternehmen lukrativ macht,
sich dort anzusiedeln. Diese Vorteile sind zum Beispiel Steuervergünstigungen,
vereinfachte Zollverfahren, uneingeschränkter Fremdwährungsgebrauch
und eine gut ausgebaute Infrastruktur.
Viele Unternehmen nutzen diese Freihandelszonen, um ihre wirtschaftlichen Interessen
strategisch günstig durchzusetzen. Hier geht es hauptsächlich um Geschäfte,
bei denen Rohmaterialien und Einsatzgüter für die Herstellung von
Produkten und Dienstleistungen importiert werden und nach einem Transformationsprozess
wieder exportiert werden.
Exporte aus den Freihandelszonen erreichten im Jahr 1998 ein Gesamtvolumen von 1932,60 Millionen US Dollar. Die Exporte stiegen im Vergleich zu den 890,20 Millionen US Dollar im Jahr 1997 um 117 Prozent an.
Text aus einer Werbebroschüre für Investoren
Wie der Werbetext schon
sagt, sind Freihandelszonen weitgehend getrennt von Rechtssprechung und Gesetzgebung
des Landes, in dem sie sich befinden.
Oft ist die einzige Verbindung zwischen den Betrieben einer Freihandelszone
und der nationalen Regierung die Zahlung von Steuern. Wenn die Gesetze des Landes
ausdrücklich auch für die Freihandelszonen gelten, werden sie häufig
nicht oder nur sehr nachlässig durchgesetzt.
Für die ArbeiterInnen, die zum Beispiel Kleider, Turnschuhe, Spielzeug,
Feuerzeuge, Computerbauteile, elektronische Geräte oder Handtaschen herstellen,
bedeutet die Arbeit in einem Betrieb in einer Freihandelszone, dass das Arbeitsrecht
ihres Landes auf sie nicht angewendet wird. Weder müssen sich die Arbeitgeber
an die gesetzlich vorgeschriebenen Mindestlöhne halten, noch an Arbeitsschutzmaßnahmen
oder arbeitsrechtliche Bestimmungen. Trotz des geringen Lohnes wird das Arbeitsentgelt
häufig nach einem Akkord-System berechnet: den ArbeiterInnen wird das "Ziel"
einer bestimmten Produktmenge in einer festgelegten Zeit gesetzt. Wird dieses
Ziel nicht erreicht, gibt es entweder drastische Lohnabzüge, oder unbezahlte
Mehrarbeit.
Die Arbeit der Gewerkschaften ist im nationalen Recht häufig verankert.
Die Praxis in Freihandelszonen sieht jedoch ganz anders aus. Entweder werden
GewerkschaftlerInnen gar nicht erst eingestellt, oder, wenn bekannt wird, das
eine ArbeiterIn Mitglied einer Gewerkschaft ist, droht ihr die Entlassung.
Akkordarbeit, unbezahlte Überstunden, keine Pausen, sexuelle Übergriffe
und Schläge sind an der Tagensordnung. Hinzu kommt noch die Möglichkeit
der fristlosen Kündigung bei fehlerhafter Arbeit oder Krankheit.
Die ArbeiterInnen werden häufig in primitiven Unterkünften untergebracht,
wo sie während ihres gesamten Beschäftigungsverhältnisses wohnen,
und entsprechend wenig Kontakte zu ArbeiterInnen anderer Betriebe haben. So
können organisierte Proteste gegen die Arbeitsbedingungen weitgehend verhindert
werden.
Diese Zustände betreffen in erster Linie Freihandelszonen in den ärmeren
Ländern - legendär, was die ausbeuterischen Arbeitsbedingungen angeht,
sind beispielsweise die mexikanischen Maquilladores.
Für die verarbeitende
Industrie bieten die Freihandelszonen vor allem den Vorteil der geringen Lohnkosten.
Der gesetzlich festgelegte Mindestlohn beträgt zum Beispiel in Sri Lanka
44 US Dollar, das heißt etwa 75,- DM. Für dieses Geld würde
in Europa niemand arbeiten. Die Gefahr, höhere Löhne durch Gewerkschaftsforderungen,
Streiks oder ähnliche Maßnahmen zahlen müssen, ist überaus
gering.