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Landwirtschaft kann unterschieden werden in den Anbau von Nahrungsmitteln, die von Farmern und Bevölkerung gegessen werden, und den Anbau von Pflanzen, deren Anbau durch den Verkauf bares Geld einbringt. Für diese Einkünfte werden dann wieder Nahrungsmittel, aber auch andere Gegenstände des Bedarfs gekauft.
Im englischen werden diese Pflanzen "Cash-Crop" genannt.
Seit Beginn der Kolonisierung und der Nutzung der eroberten Gebiete durch Siedler, ist die Geschichte des Kolonialismus eng mit den "Cash-Crops" verknüpft. Da es den Kolonialmächten in erster Linie um die Versorgung mit exotischen Nahrungsmitteln und Rohstoffen ging, wie etwa Kaffee, Tee, Kautschuk oder Baumwolle ging, wurde in erster Linie darauf geachtet, die jeweils wertvollste Pflanze anzubauen, anstatt die Grundversorgung der Kolonien mit Nahrungsmitteln sicherzustellen.
Während die europäischen Siedler durch Cash-Crops ihren persönlichen Reichtum sichern konnten, stellt sich die Situation heute für die ehemaligen Kolonien anders dar. Fast alle ehemaligen Kolonien sind hoch verschuldet, teilweise mit Beträgen des mehrfachen ihres jährlichen Bruttosozialproduktes. Daher stellt die riskante Produktion von Cash-Crops eine Quelle baren Einkommens dar. Da man das gleiche Stück Land natürlich nur entweder für den Anbau von Cash-Crop oder für den Anbau von Nahrungsmitteln benutzen kann, bedeutet die Einnahme von Geld im Gegenzug den Hunger der Bevölkerung.
Entsprechend stellt sich die Frage, welche Pflanzen angebaut werden sollen, auch für die armen Bauern des Landes.
Weitere Nachteile des Anbaus von Cash-Crop ist das hohe Risiko - die Investition in die Anpflanzung von Kaffee oder Kakao muss erfolgreich sein, sonst droht dem Farmer der Ruin. Daher muss eine gute Ernte nach Möglichkeit mit dem exzessiven Gebrauch von Dünger, Herbiziden und Insektiziden sichergestellt werden, was wiederum die Abhängigkeit der Farmer von der chemischen Industrie erhöht.
Schließlich ist die Entscheidung, welche Pflanze angebaut wird, in erheblichem Maß von den Weltmarktpreisen abhängig: je höher der Preis, desto mehr Farmer entschließen sich, diese Pflanze anzubauen. Dadurch aber entsteht im folgenden Jahr ein Überangebot und nach den Gesetzen der freien Marktwirtschaft fällt der Preis oftmals ins Bodenlose.
Aber auch ohne einen gravierenden Preisverfall geht die Rechnung oft nicht auf, da die Nahrungsmittel, Werkzeuge und andere Materialien, die für das Einkommen eingekauft werden müssen, in der Zwischenzeit sehr viel teurer geworden sind.
Oft ist es relativ einfach, Landwirtschaft auf die Produktion von Cash-Crops umzustellen, die Rückkehr zum Nahrungsmittelanbau ist aber dann nicht mehr so einfach und wird erschwert durch die oft großzügig verspritzten Pestizide, die den Boden vergiftet haben.