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Cabral "entdeckt" Brasilien!

Auf der Marke rechts sehen wir die spanischen Brüder Martin Alonso und Vicente Yanez Pinzon.

Beide fuhren 1492 auf der ersten Reise des Columbus als Kommandanten mit. Martin Alonso befehligte die 'Pinta', wollte selbst Gold finden und entfernte sich zweimal von der Flotte des Columbus. Vicente Yanez kommandierte die 'Nina', war Columbus treu ergeben und nahm nach dem Schiffbruch der 'Santa Maria' Columbus zu sich an Bord. Vicente Yanez Pinzon unternahm 1499 eine weitere Forschungsreise mit vier Karavellen. Am 26. Januar 1500 erreichte die Expedition die Küste Brasiliens bei Cape San Agostinho. Westwärts segelnd entdeckten sie die Mündung des Amazonas. Danach segelten sie nordwärts nach Venezuela. Vicente Yanez Pinzon hat also noch vor Cabral brasilianischen Boden betreten, obwohl dieser als Entdecker gefeiert wird.

Nach der ersten Reise des Columbus war die spanische Krone bemüht, die neu entdeckten Länder auch in Europa als ihr eigen bekannt zu machen, um Ansprüche anderer Nationen gleich abzublocken. Man zog eine Linie von Pol zu Pol, die 100 leagues (ca. 483km) westlich von den Kapverdischen Inseln verlief. Auf dem Block links würde diese Linie eben rechts von der Marke durch die Bäume laufen. Mit Hilfe des Papstes wurde diese Linie 1493 in einem Bulletin sanktioniert. Alle neu entdeckten Länder westlich der Linie sollten an Spanien fallen, alle anderen östlich der Linie an Portugal. Im Juni 1494 wurde diese Linie im Vertrag von Tordesillas auf 370 leagues (1786km) westlich der Kapverden verlegt. Das war ca. 46 Grad westliche Länge. Diese Einigung zwischen Spaniern und Portugiesen wurde 1506 vom damaligen Papst auch abgesegnet. Portugal berief sich auf diesen Vertrag, um seinen Besitzanspruch an Brasilien zu rechtfertigen.
Im Jahre 1498 hatte Vasco da Gama den Seeweg nach Indien entdeckt und war mit einer Ladung wertvoller Gewürze heimgekehrt. 1499 rüstete König Manuel I eine Flotte von 13 Schiffen aus, die ebenfalls nach Indien segeln sollte. Ziel war, weitere indische Gebiete zu erobern, einen Handelsstützpunkt zu errichten und orientalische Güter und Gewürze zu holen. Das Kommando bekam der Edelmann Pedro Alvarez Cabral, der eigentlich mehr Soldat als ein Seemann war. In Anbetracht der Schwierigkeiten, die Vasco da Gama in Indien hatte, bestand die Flotte aus 10 Kriegsschiffen und drei kleineren Schiffen. Vom Typ waren es Karavellen und Naos (Naus). An Bord waren 1500 Mann, unter ihnen Adlige, Soldaten, Franziskaner-Priester, Kaufleute, ein Arzt und ein Übersetzer. Unter ihnen auch Bartholomeo Dias, der das Kap der Guten Hoffnung entdeckt hatte. Am 9.März 1500 stach die Flotte von Lissabon in See. Die Fahrt wurde von mehreren Unglücken heimgesucht. Schon nach den Kapverdischen Inseln wurde ein Schiff vermisst. Um das Flautengebiet der Kalmen zu umgehen, segelte die Flotte im Passatwind in südwestliche Richtung. Man wollte in einem großen Bogen das Gebiet umfahren. Zusätzlich erfasste die äquatoriale Strömung die Schiffe und schob sie weiter westwärts. So wurde der Bogen so groß, dass erst am 22.April 1500 Land in Sicht kam.

Cabral nannte das Land 'Terra de Vera Cruz', Land des wahren Kreuzes. Als am gleichen Tag ein Sturm aufkam, suchte sich die Flotte eine geschützte Bucht. Sie nannten den Platz Porto Seguro, sicherer Hafen. Hier ankerte die Flotte. Auf der Marke links ist die Landung bei Porto Seguro in die Karte Brasiliens eingebettet.

Als die Portugiesen an Land gingen, trafen sie auf Indios, die splitternackt waren, aber Pfeil und Bogen trugen. Sie hatten keine Angst und waren vollkommen zutraulich und friedlich. Sie kamen sogar auf die Schiffe und legten sich dort zum Schlafen an Deck. Der kriegerische und misstrauische Cabral war über diese Indios sehr erstaunt. Es schien unter ihnen keine Heimtücke, Verrat oder Krieg zu geben.

Cabral ließ ein Kreuz errichten und nahm das Land für Portugal in Besitz.

Denn nach dem Vertrag von Tordesillas stand dieses Land den Portugiesen zu. Und es wurde auch eine Messe von den Franziskanern gelesen.

Die Portugiesen knieten nieder und küssten das Kreuz. Die Indios wurden aufgefordert, es ebenfallszu tun, und sie imitierten die Fremden. Daraus wurde geschlossen, dass diese guten und einfachen Menschen ohne Widerstand zum Christentum zu bekehren seien.

Pero Vaz Carminha war der 'Schreiber' der Expedition und für die Chronik zuständig. Über diese Entdeckungen verfasste er einen Bericht an den König Manuel. Cabral schickte ein Schiff mit diesem Schreiben nach Lissabon zurück.

Auf der Marke ist die letzte Seite dieses Berichtes und das Schiff symbolisch dargestellt.

Nach 10 Tagen, am 2. Mai 1500 verließ Cabral mit seiner Flotte von nunmehr 11 Schiffen das neu entdeckte Land. Sie segelten zur Südspitze Afrikas. Dort am Kap der Guten Hoffnung wurden sie von einem starken Sturm überrascht. Sie verloren vier Schiffe mit ihrer Besatzung. Unter ihnen war auch Bartholomeo Dias. Er, der das Kap entdeckt hatte, ging hier mit seinem Schiff unter. Es war der zweite Misserfolg dieser Reise. Zu Beginn waren es 13 Schiffe, jetzt waren es nur noch sieben. Am 16. Juli lief die Flotte den Hafen von Sofala an, um notwendige Reparaturen durchzuführen. Es stellte sich heraus, dass das Schiff mit Diogo Dias fehlte, Bartholomeos Bruder. Nun waren es nur noch sechs Schiffe.

Nach einem Stop in Malindi erreichten die Schiffe am 13. September 1500 ihr Ziel, den indischen Hafen Calicut. Der muslimische Herrscher begrüßte sie freundlich und erlaubte ihnen, ihren Handelsstützpunkt zu errichten. Dennoch kam es bald zu Differenzen mit den ortsansässigen Händlern, die plötzlich in blutige Streitereien ausarteten. Viele Portugiesen wurden in den Straßen regelrecht massakriert, bevor die Schiffe im Hafen eingreifen konnten. Cabral ließ mit seinen Bordkanonen die Stadt beschießen und versenkte auch noch 15 andere Schiffe, nachdem erst die Mannschaften getötet wurden. Dann segelten sie nach Cochin. Dort vervollständigten sie ihre Ladung mit Pfeffer, Ingwer, weiteren Gewürzen und Seide. Am 16. Januar 1501 verließen sie Indien.

Südlich von Malindi verloren sie ein weiteres Schiff. In einigen Berichten wird davon gesprochen, dass zwei Schiffe verloren gingen. Am 23. Juni 1501 erreichte die Flotte den Hafen von Lissabon. In der Literatur findet man jetzt unterschiedliche Angaben. Es ist von vier Schiffen und es ist von sechs ankommenden Schiffen die Rede. Der Verkauf der Ladung brachte so hohe Erlöse, dass die Reise noch als Erfolg bezeichnet wurde. Cabral sollte eine erneute Fahrt anführen, aber die wurde schließlich an Vasco da Gama gegeben. Es ist unbekannt, warum Cabral damals am Königshof in Ungnade fiel.

Wir kommen jetzt auf Brasilien zurück. Es blieb nicht lange bei dem Namen 'Vera Cruz', König Manuel änderte ihn in 'Santa Cruz', heiliges Kreuz. Doch es setzte sich rasch der Name 'Brasilien' durch. Er stammt von der einzigen Ware, deren Ausbeutung sich zu lohnen schien. Brasilholz, das tiefrote Holz der Küstenwälder, diente zur Herstellung von Farbstoffen in der Textilindustrie. Auf der Marke sehen wir Indios bei der Bearbeitung von Baumstämmen, während im Hintergrund die Schiffe warten.

Die portugiesische Krone war an der Kolonie nicht interessiert, weil kurzfristig kein Gold zu finden war. Es verteilte den Küstenstreifen an verdiente Gefolgsleute. Sie wurden 'Konquistadoren' genannt und hatten nur das eine Ziel, so viel wie möglich aus der Kolonie herauszuholen. Sie bauten auch Zuckerrohr auf Plantagen an. Brasilien war um 1600 der größte Zuckerexporteur der damaligen Welt. Da aber die Indios an den harten Arbeitsbedingungen zu Grunde gingen, wurden Hunderttausende von Sklaven von Westafrika nach Brasilien gebracht um dort zu arbeiten.

Auf der einen Marke sehen wir einen friedlichen Priester mit dem Kreuz.

Die Missionare waren also rege tätig. Zur Zeit der Eroberung bestand die brasilianische Bevölkerung aus ca. fünf Millionen Menschen. Heute sind es nicht einmal mehr 300 000. Was dazwischen lag, wird von einigen Historikern schlicht als Völkermord bezeichnet. Dazu sollen 'das Schwert, das Kreuz und der Hunger' beigetragen haben. Nach dem finsteren Kapitel der Zuckerrohr-Sklaven-Kolonie folgten ebenso düstere Zeiten der Ausbeutung und Knechtschaft in Goldminen, auf Kaffeeplantagen und in den Urwäldern, wo die Indios zu Tausenden Kautschuk zapfen mussten. Natürlich werden solche Tatsachen nicht auf Marken oder Postbelegen dargestellt. Man zeigt 'begeisternde Matrosen in der Takelage'. Aber jeder Motivsammler sollte solche Symbolik hinterfragen.

aus: http://www.vereine.comcity.de/navicula
Navicula BDPh-Arbeitsgemeinschaft, Maritime Motiv-Philatelie, Schiffe und Schifffahrt