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1858, QUELLEN DES GILA-FLUSSES

Heiliges Apachenland

Hier in dem Tal, in dem der Fluß entspringt, steht zwischen Arizonas hohen Felsen der Baum, der Geronimo vor dreißig Jahren unter seine Fittiche nahm. Er war gerade aus dem Mutterbauch gekrochen und in eine Decke gewickelt worden. Die Decke wurde an einen Ast gehängt. Der Wind schaukelte das Kind, und eine uralte Stimme bat den Baum:
- Dass er lebe und groß werde und oft erlebe wie du Frucht trägst.
Wo der Baum steht, ist der Mittelpunkt der Welt. In seinem Schatten kann Geronimo nie Norden mit Süden und Gut mit Böse verwechseln.
Ringsum erstreckt sich weithin Apachenland. Die Apachen wohnen in dieser unwirtlichen Gegend, seit der erste von ihnen, der Gewittersohn, sich in die Federn des Adlers, der die Feinde des Lichts besiegt hat, kleidete. Hier hat es nie an Jagdtieren oder an Heilpflanzen für die Kranken oder an Felsenhöhlen für die Ruhe nach dem Tod gefehlt.
Da kommen seltsame Männer angeritten und haben lange Seile und viele Stöcke mit sich. Ihre Haut ist blutleer, und ihre Sprache hat niemand je gehört. Sie rammen bunte Markierungszeichen in den Boden und beratschlagen sich mit einem weißen Medaillon, in dem zur Antwort eine Nadel zittert. Geronimo weiß nicht, dass die Männer das Apachenland vermessen wollen, um es zu verkaufen.

aus: Eduardo Galeano, Erinnerung an das Feuer