Eritrea
In vorkolonialer Zeit hieß die Region, in der das heutige Eritrea liegt, "Mareb Mellash" - "Land jenseits des Flusses Mareb", so gesehen vom äthiopischen Addis Abeba aus. "Eritrea" als Begriff für das heutige Land wurde erst durch die europäischen Kolonialisten eingeführt. Der Name geht auf die griechische Bezeichnung für das Rote Meer, an welchem Eritrea liegt, zurück: Aus "Erythra Thalasso" wurde später die "Erythräische See" und daraus schließlich "Eritrea" abgeleitet.
Eritrea in seinen heutigen Grenzen ist allerdings ein künstliches Gebilde, das die Italiener zwischen 1869 und 1885 als Kolonie geschaffen und bis zu ihrer Niederlage 1941 im Zweiten Weltkrieg beherrscht hatten. Bis 1952 regierten die Briten, dann kam Eritrea gegen den erklärten Willen der Eritreer zunächst als föderierte autonome Region, später als annektierte Provinz zu Äthiopien. Die 1952 von den Vereinten Nationen versprochene Unabhängigkeit blieb aus.
1961 ging der anfangs gewaltlose Widerstand der Eritreer gegen die Äthiopier in einen offenen Aufstand über, der in einen dreißigjährigen Befreiungskrieg, den längsten Afrikas, mündete. Nahezu 100 000 Menschen des Dreieinhalbmillionenvolks kamen in diesem Krieg um, über eine Million flüchtete ins Ausland. 1991 schlug die auf 70 000 Kämpferinnen und Kämpfer angewachsene eritreische Befreiungsarmee ("Eritrean People's Liberation Front", EPLF) nach jahrelangen blutigen Auseinandersetzungen die äthiopischen Truppen bei der eritreischen Hauptstadt Asmara. Beide Seiten setzten Panzer und Artillerie ein. Schließlich besiegte die stärkste und bestausgerüstete Befreiungsarmee die stärkste Armee Schwarzafrikas. Der Krieg war zu Ende, der äthiopische Diktator Mariam Mengistu wurde gestürzt.
Dieser kurze historische Rückblick lässt verstehen, weshalb Eritrea noch immer stark vom Krieg geprägt ist. Zwar sieht man kaum mehr etwas: Hie und da ein verrostetes Panzerwrack am Wegrand, dann und wann das Gerippe eines zerschossenen Hauses, mitunter das unscheinbare, aus herumliegenden Steinen errichtete Grab eines Gefallenen sind alles, was äußerlich daran erinnert. Insgesamt erweckt Eritrea heute den Eindruck eines friedlichen Landes. Doch es wird noch lange dauern, bis nicht nur die Schäden an Gebäuden und Infrastruktur, sondern auch die Wunden in den Seelen der Menschen geheilt sind. Immer noch leben wohl 300 000 Eritreer als Flüchtlinge im Sudan, es gibt 100 000 Obdachlose, 70 000 Waisen, 60 000 Kriegsinvalide. Und rund 50 000 "Fighters": Jene Frauen und Männer, die jahre-, wenn nicht jahrzehntelang den Krieg geführt haben und ein Zivilleben oft gar nicht kennen. Sie in ein Normalleben zu integrieren, ist eine der ganz großen Aufgaben der eritreischen Regierung.
aus: http://www.markuskappeler.ch/tex/fratex.html
© 1989 Markus Kappeler / Groth AG (erschienen in der "Flags of the
Nations" Stamp Collection, Groth AG, Unterägeri)