Gold
Die Spanier griffen mit
großer Brutalität das Zentrum des Platzes an, wo der Thron des Inka
war hoch wie das Schloss, das wir usnu nennen. Sie eroberten es und ließen
meinen Onkel dort nicht hinauf gehen, aber sie brachten vor ihm seinen (?) heftig
zu Fall, und sie nahmen ihm die Quaste weg, die für unser Volk die Krone
ist. Und sie nahmen ihn fest.
Dieser Platz war von Mauern umgebe, und alle Indianer darinnen waren wie Flammen,
und es waren viele und sie konnten nirgendwo gehen, geschweige denn hatten sie
Waffen, weil sie den Spaniern so wenig Aufmerksamkeit geschenkt hatten, hatten
sie sie nicht mitgebracht, nur Knoten und Tumes, [zeremonielle Dolche] ...
Sie töteten sie alle mit den Pferden, mit Schwertern, mit arcabuces (?),
als würden sie Schafe [Lamas] töten, ohne das irgend jemand Widerstand
leistete, so dass nicht mehr als 200 der insgesamt Zehntausend entkamen. Und
bis sie alle getötet waren, wurde mein Onkel Atawallpa in ein Gefängnis
gebracht, wo sie ihn nackt, mit einer um seinen Hals gebundenen Kette die ganze
Nacht festhielten.
Atawallpa verstand bald, dass der Besitz von Schätzen seine Eroberer viel
mehr interessierte, als die Auflagen der Christianisierung oder die König
Carlos, so dass er ein bejubeltes Angebot machte: ein Zimmer voll mit Gold und
zwei voll mit Silber für seine Freiheit. Die Tempel und Paläste wurden
geplündert. Monatelang überquerten Lamakarawanen zuhauf die Straßen
in Richtung Cajamarcas, und transportierten den Reichtum des Staates. Allein
von den äußeren Wänden des Haupttempels von Cuzco wurden anderthalb
Tonnen Goldblättern abgelöst.
Gold und Silber hatten keinen finanziellen Wert für den Inka; ihre Bedeutung
war rein ästhetisch und ikonographisch. Das Gold war der Schweiß
der Sonne; das Silber, die Tränen des Mondes; das Eine symbolisierte den
Mann, das Andere die Frau. Die Peruaner waren verblüfft über den ungeheuren
Appetit der Ausländer auf jene Metalle. Waman Puma dramatisierte den Zusammenbruch
von Kulturen, die jeden Mann dazu brachten, seine eigene Sprache zu sprechen:
"Kay goritachu mikhunki?", (essen Sie dieses Gold?) fragte der Inka.
Und der Europäer antwortet, ja: "Ich esse dieses Gold!"
Die Zimmer wurden langsamer gefüllt, als Atawallpa erwartet hatte, aber
die gesammelte Menge war immens: etwa sieben Tonnen Gold und dreizehn Tonnen
Silber. Bei einem Preis von 400 Dollar je Unze, wäre allein das Gold fast
65 Millionen Dollar wert. Obwohl dies nicht dem wahren Wert zu dieser Zeit entspricht;
kein europäischer König hatte solch eine große Menge. Wie in
Mexiko wurde alles außer wenigen Stücken vor Ort zu Barren eingeschmolzen.
Dies bedeutete einen verheerenden kulturellen Verlust, weil die wunderschönen
Metallarbeiten eine Form der Kunst der Inka war.
Es kostete die peruanischen Goldschmiede etwa einen Monat, ihre Arbeit zu zerstören,
sie schmolzen pro Tag etwa eine Viertel Tonne ein. Irgendwann war der Raum leer.
Als der Moment näher kam, in dem die Eroberer Atawallpa ihren Teil der
Abmachung erfüllen sollten, verrieten sie ihn und verurteilten ihn zum
Tode.
nach:. 'Stolen Continents.
America seen by the Indians from 1492', von Ronald Wright