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Aufstand der Modoc
Waffenstillstand. Captain
Jack (der Häuptling der kalifornischen Modoc) kommt, um zu verhandeln,
und schlägt General Canby vor, was er nach der einfachen Logik eines Indianers
für recht und billig hält: Er ist bereit, die Hälfte der Forderungen
der Weißen zu akzeptieren, wenn sie auf die zweite Hälfte verzichten.
,,Captain Jack, Sie müssen verstehen, dass Sie nicht hier sind, um mir
zu diktieren!" lautet Canbys harte Antwort.
,,Ich will nur, dass Sie uns eine Reservation in der Nähe von Hot Creek
oder bei der Fairchild Ranch geben"
,,Wir haben lediglich Frieden zu schließen, nichts anderes!"
Jack weiß, was in dieser Formulierung das Wort Frieden bedeutet. Bedingungslos
sich ergeben und zurückt in die Reservation, zu den Klamath. Nein, das
darf nicht geschehen! Er bittet Canby, für seine Leute zumindest in den
kahlen Lavafeldern eine Heimat aufbauen zu dürfen. Er schlägt neue
und neue Gebiete vor und ist bereit, mit den Seinen überall zu leben. Aber
alle seine Vorschläge und Bitten prallen an der Mauer des kalten, berechnenden
Nichtverstehenwollens ab.
Unverrichteterdinge kehrt er zu seinen Freunden zurück. Die Krieger der
Modoc wollen bis zum letzten Atemzug Widerstand leisten. Jack protestiert, er
hofft trotz allem auf eine gütliche Lösung. Der Schwarze Jim nennt
ihn deshalb einen Feigling, ein Weib mit einem Fischherzen und bietet ihm Frauenkleider
an. Die Häuptlingsehre des Captain Jack ist beschmutzt. Um nicht in Schimpf
und Schande unterzugehen, schließt sich Jack den wahnwitzigen Plänen
seiner Stammesbrüder an. Ja, er verpflichtet sich sogar, General Canby
zu töten. Er weiß, dass er damit sein eigenes Todesurteil und das
seiner Leute unterschreibt; denn die Amerikaner werden grausam Rache nehmen.
Und er sagt es laut. Dann geht er davon und verbringt zwei Tage im einsamen
Gespräch mit den Geistern, irgendwo in einer
Höhle inmitten der Lavafelder. Als er zurückkehrt, erklärt er
seinen Leuten noch einmal, dass er Canby nur deshalb töten wolle, um von
seinen eigenen Brüdern nicht als Feigling betrachtet zu werden.
Am 11. April 1873 kommt es zu einer erneuten Begegnung zwischen den Indianerhäuptlingen
und den Amerikanern. Auf indianischer Seite sind es Captain Jack, John Schonchin,
Boston Charley, Schwarzer Jim, Hooker Jim. Die Amerikaner werden vertreten durch
General Canby, Missionar Thomas, Oberst Meacham. Canby beginnt mit einer scharfen
Attacke. Unnachgiebig fordert er die sofortige Kapitulation und die Auslieferung
der ,,Rädelsführer". Und er droht mit einem Totalangriff. Jack
wiederholt mit ruhiger Stimme seine einzige Forderung: ein Stück freien
Boden. Vergeblich. Es walte also die höhere Gewalt!
Der Häuptling der Modoc zieht seinen versteckten Revolver, zielt auf den
General und drückt ab. Der Revolver versagt. Die Weißen sind so überrascht,
dass sie gar nicht reagieren, und Captain Jack drückt noch einmal ab. Die
Kugel trifft General Canby in den Kopf.
Boston Charley erschießt im gleichen Augenblick den Missionar Thomas,
und John Schonchin verwundet Oberst Meacham lebensgefährlich. Über
Canbys Leiche erschaudert Jack noch einmal:
,,Heute habe ich mein eigenes Ich abgeworfen. Ich habe etwas getan, was ich
nie getan hätte, aber ich habe es getan. Ich habe einen Unbewaffneten getötet.
Ich weiß, dass ich sterben muss. Aber wenn ich falle, dann falle ich auf
einen Haufen Soldaten ...
Dann flieht er mit den anderen in die Lavafelder. Ein langer, unbarmherziger,
sinnloser Kampf beginnt. Tapfer leisten die Modoc wochenlang Widerstand gegen
eine mehrfache Übermacht. Die Lavafelder werden zu einem riesigen Friedhof.
Schließlich werden die Indianer aufgerieben und nacheinander eingefangen.
Als man Captain Jack greift, sind mit ihm nur noch drei Krieger. Der Krieg gegen
die Modoc, dieser an sich lächerliche Feldzug des Riesen gegen den Liliputaner,
ist beendet.
Am 5. Juli 1873 wird das Urteil gesprochen. Am 3. Oktober des selben Jahres
wird Captain Jack gehängt. Der Schwarze Jim als Bösewicht an seiner
linken, Boston Charley an seiner rechten Seite.
In der darauffolgenden Nacht wird der Leichnam des Captain Jack heimlich von
Galgen geholt und in die Stadt Yreka verschleppt. Dort zeigen die Weißen
bald darauf - gegen ein Eintrittsgeld in Höhe von zehn Cent - den präparierten
Kopf des letzten Modochäuptlings. Darüber hängt die Aufschrift:
Captain Jack' ein notorischer indianischer Mörder.
Aus: Václav olc,
Die ältesten Amerikaner