El Salvador

1.1. Vorgeschichte und Eroberung

Die Pipiles und Lencas, Stämme, die ursprünglich auf dem Gebiet des heutigen Mexiko siedelten, stießen im 9.
Jahrhundert bis ins heutige El Salvador vor. Obwohl die genaue Herkunft dieser Völker ungewiß ist, reihen sie sich in die Familie der Toltekenstämme ein, die zu dieser Zeit ganz Zentralamerika kolonisierten. Die Lencas wurden als der kleinere Stamm im Laufe der Jahrhunderte von den Pipiles absorbiert. Die Grundlage ihrer Kultur war der Mais. Der Boden befand sich in Besitz der Gemeinde, die ihn aber zum Bebauen an die einzelnen Familien verteilte. Das vulkanreiche Land auf dem sich die beiden Stämme im 9. Jahrhundert niederließen, nannten sie Cuscatlán, was in ihrer Sprache "Land des Glücks" bedeutet. Sie lebten vornehmlich in den
klimatisch günstigen Gebieten mit fruchtbaren Böden. Wenige Kilometer südwestlich der heutigen Hauptstadt San Salvadors befand sich die bedeutendste Siedlung der Pipiles.

Das Glück währte bis 1524, als die von Norden vorrückenden Spanier sich anschickten, das Land zu erobern. Pedro und Diego de Alvarado hatten von Hernán Cortés den Auftrag erhalten, die Pipiles zu unterwerfen. Doch diese setzten den rund 250 Spaniern und 5.000 ihrer verbündeten Indianerkrieger erbitterten Widerstand entgegen. In zwei großen Schlachten unterlagen die Pipiles zwar den Spaniern, zogen sich aber ins Gebirge zurück und setzten den Kampf fort. Der zähe Guerrillakrieg fügte den Eroberern stetige Verluste zu. In einem dritten Anlauf unterwarfen sie sich das damalige Cuscatlán 1539 endgültig [1] . Allerdings besaß das Gebiet, wie auch das übrige Zentralamerika, für die Spanier kaum wirtschaftliche oder politische Bedeutung. Das Gold
Perus und die Schätze Mexikos waren interessanter. Einziges Exportgut der 1524 ins "Generalkapitanat Guatemala" eingegliederten Kolonie war lange Zeit Kakao bis im 17. Jahrhundert der Farbstoff Indigo eine gewisse Bedeutung erlangte.

Die Spanier errichteten ihr Herrschaftssystem im späteren El Salvador nach dem selben Muster wie in ihren anderen amerikanischen Kolonien. Die durch Krieg und Seuchen stark dezimierten Nachfahren der Pipiles mußten einen Teil ihrer Ernten an die spanischen oder kreolischen "Herren" abführen und auf deren Gütern Zwangsarbeit verrichten. Diese hatten sich kraft ihrer Waffen weite Teile des Landes angeeignet und ließen auf ihren haciendas Lebensmittel für den regionalen Markt produzieren, mit denen das Heer und die Kolonialstädte unterhalten wurden. Erst später exportierte man bescheidene Mengen Kakao. Das Abhängigkeitssystem wurde mit dem euphemistischen Namen encomienda (Fürsorgschaft) bezeichnet. Kern der "Fürsorge" waren
Missionsbestrebungen, die die Grundherren im Auftrag der katholischen Kirche unternahmen. Neben den unter Fürsorge befindlichen Ureinwohnern existierten "unabhängige" Gemeinden, die nicht in das encomienda-System einbezogen waren. Sie mußten Abgaben in Naturalien zahlen und waren weitgehend rechtlos. Das traditionell von der Gemeinde besessene Land unterlag keinem Schutz; diese Besitzform existierte offiziell nicht. Bei Interesse konnten es sich die Spanier völlig legal aneignen. Die durch den Verkauf der Abgaben erlösten Gewinne wurden zum Unterhalt des kolonialen Verwaltungssystems verwendet oder an die spanische Krone
abgeführt.

Im Laufe der Jahrzehnte entwickelten sich, ähnlich wie in anderen spanischen Kolonien, nach Macht und Rechtsstand unterscheidbare Schichten. Die oberste bildeten die Spanier, welche sich nochmals in die in den Kolonien geborenen Kreolen und die aus dem Mutterland gesandten Iberiker differenzierten. Sie besaßen die Macht, das Land und eine Reihe Privilegien. Eine Stufe tiefer standen die Mestizen, Mischlinge der indígenas mit den Spaniern und ihren Nachkommen. Sie arbeiteten in der Kolonialverwaltung, durften aber kein eigenes Land besitzen. Die indígenas bildeten die Basis der Gesellschaft. Sie befanden sich nach ihrer Rechtsstellung entweder unter "Protektion" oder waren "unabhängig" und zahlten Tribut. Durch die forcierte Christianisierung wurde ihre kulturelle Identität weitgehend zerstört. Die Heiligtümer wurden abgebrochen, die Kulte verboten.
Einziges, bis in die heutige Zeit überlebendes Zeugnis der ehemals blühenden Kultur der Pipiles und Lencas sind die Ruinen von Tazumal in der Nähe von Santa Ana im Westen El Salvadors.


aus: Von der Kolonialzeit bis zum "Fußballkrieg",
http://members.tripod.com/harald-jacob/index.htm
Harald Jakob