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Am 12. März 1930 begann der "Salzmarsch" von Mahatma Gandhi und seinen 78 MitkämpferInnen. Die englischen Kolonialherren besaßen in Indien das Salzmonopol, was bedeutete, daß sie die Inder zwangen, das Meersalz, das jeder leicht selbst gewinnen konnte, bei ihnen zu kaufen - zuzüglich einer gesalzenen Steuer.
Gandhi und seine 78 Satyagrahri liefen 400 Kilometer zu Fuß von der Stadt Ahmabad bis zum Küstenort Dandi, wo das Salz in flachen Pfannen gewonnen wurde. Während der 24 Tage des Fußmarsches wurden sie immer wieder von an der Strecke lebenden Menschen versorgt, und nicht nur die InderInnen und die englischen Kolonialherren, sondern über die Medien auch die ganze Welt, wußten, was am Ziel passieren würde:Die Konfrontation zwischen Indien und England. Wären Gandhi und seine Satyagrahi bewaffnet gewesen, wären sie wahrscheinlich schon nach einigen hundert Metern verhaftet worden. Aber der Salzmarsch, wie auch alle späteren Aktionen Gandhis sollten mit absoluter Gewaltlosigkeit passieren.
Am 6. April morgens gingen die Menschen zum Strand und Gandhi hob nebenbei einen Brocken Meersalz auf.
Hunderttausende von InderInnen kümmerten sich daraufhin nicht mehr um das Salzmonopol und sammelten ihr eigenes Salz. Die Engländer mußten schließlich mehr als 60.000 SalzsammlerInnen verhaften, wollten sie nicht vor der Welt das Gesicht verlieren.
Nachdem Gandhi ebenfalls verhaftet worden war, führte die Satyagrahi Naidu mehr als 2.000 Menschen zur Saline von Dharana, wo bereits britische Soldaten warteten, um das Salz zu schützen. Die erste Reihe der InderInnen rückte vor und wurde mit Stöcken zusammengeschlagen, auch die zweite, dritte, vierte, fünfte Reihe. Tagelang wurden InderInnen, die gewaltlos zur Saline gingen, geprügelt, zwei von ihnen starben an den Stockschlägen. Letztlich siegten die Briten zwar militärisch, der militärische Sieg war aber gleichzeitig eine politische und moralische Niederlage und die Kolonialherren sahen sich gezwungen, Gandhi zu einer Konferenz nach London einzuladen.
Winston Churchill, der frühere und auch spätere Premierminister Englands hielt Gandhis Aktion für das "Übelkeit erregende und erniedrigende Schaustück eines aufrührerischen Fakirs."
Auch wenn noch 17 Jahre vergehen sollten, bis Indien die Unabhängigkeit erhielt, war der gewaltlose Salzmarsch die erste von vielen Niederlagen der englischen Kolonialmacht in Indien und der Beginn vom Ende des britischen Kolonialreiches.