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1849, AM PLATTE-RIVER

Reiter namens Pocken

In diesem Jahr ist hei den Pawnee-Indianern jeder vierte an Pocken oder Cholera gestorben. Ihre Erbfeinde, die Kiowas, kamen nur dank Old Onde Saynday mit heiler Haut davon. Der alte Spitzbube Saynday strich durch die Prärie und schüttelte bekümmert den Kopf. Meine Welt ist nicht mehr; musste er feststellen. Vergeblich hielt er nach Hirschen und Büffeln Ausschau, und aus dem Fluss Washita schöpfte er roten Schlamm statt klaren Wassers. Bald lebt mein Kiowa-Volk hinter Zäunen wie die Kühe.
Solch trübsinnigen Gedanken hing Old Onde Saynday nach, als ihm auffiel, dass im Osten statt der Sonne etwas Pechschwarzes aufging. Ein großer dunkler Fleck wuchs durch die Prärie auf ihn zu. Als der Fleck nahe genug heran war, erkannte Old Onde Saynday, dass es eine Reiterschar; in schwarzen Kleidern und mit schwarzen Hüten, auf schwarzen Pferden war. Die Gesichter der Reiter waren von grausigen Narben entstellt.
- Wir heißen die Pocken, stellten sie sich vor.
- Nie gehört, brummte Saynday.
- Wir kommen von weither, aus Übersee, erläuterten die Unbekannten.
- Wir bringen den Tod.
Sie erkundigten sich nach dem Weg zu den Kiowas. Old Onde Saynday wies sie geschickt in die falsche Richtung. Die Kiowas seien ein armseliges Volk, meinte er, die lohnten der Mühe nicht. Sie sollten doch lieber die Pawnees aufsuchen, die seien viele und schön und mächtig. Und er erklärte den Reitern, an welchen Flüssen die Pawnees wohnten.


aus: Eduardo Galeano, Erinnerung an das Feuer