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1771, MADRID

Gipfeltreffen der Könige

Aus Perus glühendheißen Wüsten kommen große Kisten bei Hofe an. Der Herrscher über Spanien liest in dem beigefügten Bericht des beamteten Absenders: Dies ist das vollständige Grab eines Mochikenkönigs, lange vor den Inkas; die Nachfahren der Mochiken und der Cimus leben heute in entsetzlicher Not und werden immer weniger; ihre Täler sind in der Hand einer Handvoll bösartiger Spanier.
Die Kisten werden aufgestemmt. Ein Mann, der vor eintausendsiebenhundert Jahren König war, liegt zu Füßen Karls III. Zähne, Fingernägel und Haare sind unversehrt, die pergamentene Haut spannt sich um die Knochen, und das majestätische Gewand funkelt vor Gold und leuchtet vor Federn. Der Gast aus fernen Landen hat sein Zepter, einen pflanzenumwundenen Maisgott, bei sich, und auch die bei ihm begrabenen Gefäße sind mit nach Madrid gereist.
Sprachlos starrt der spanische König auf das Töpferwerk, das um seinen verstorbenen Kollegen angeordnet ist. Der Mochikenkönig lag ja mitten im Tode von Lust umgeben: Die Gefäße stellen Liebespaare dar, die sich auf hunderterlei Art und Weise umarmen und begatten, die von der Erbsünde nichts gehört haben, die es sich wohl sein lassen und nicht wissen, dass wir dieser Ungehorsamkeit wegen zum Leben auf der Erde verdammt sind.

aus: Eduardo Galeano, Erinnerung an das Feuer