Bananen

Einleitung
Kennen Sie Kochbananen? Oder Textilbananen?
Die bei uns landläufig Banane genannte Frucht ist nur ein Vertreter ihrer Art und heißt eigentlich Obstbanane.Daneben gibt es noch eine Vielzahl von Arten, die meist nach ihrem Hauptverwendungszweck benannt werden. Nur der kleinere Teil der weltweit geernteten Bananen werden exportiert. Ein Großteil dient als Grundnahrungsmittel für die Bevölkerung von tropischen und subtropischen Ländern, v.a. in Afrika und Asien.
Der Ursprung der Banane - übrigens botanische gesehen eine Beere - liegt in Südostasien. Von dort wurde sie über die ganze Welt verbreitet. Heute ist der Export von Obstbananen für viele Länder in Lateinamerika, der Karibik, Afrika und Asien ein wichtiger Devisenbringer und Arbeitsplatzgeber. Die Banane prägt das Leben hunderttausender Menschen, die auf den Plantagen schuften, oft unter unmenschlichen Arbeitsbedingungen und unter Zerstörung der natürlichen Ressourcen.
Produktion und Vermarktung liegen weitgehend in den Händen weniger multinationaler Konzerne, in deren Bilanzen die sozialen und ökologischen Kosten in den Produktionsländern nicht vorkommen.

Der Werdegang der Banane
Bananen werden fast immer auf ausgedehnten Monokulturen produziert. Dieser Prozeß gliedert sich in zwei Teile: einen Agrarteil, also die Pflanzung und Pflege der Stauden und einen industriellen Teil, d.h. die Aufbereitung für den Export.
Beginnen wir ganz von vorne: Als Standort für eine neue Plantage wird fruchtbarer Boden gewählt. Nachdem die dort eventuell lebende Bevölkerung vertrieben ist, werden sämtliche Pflanzen auf dem Areal entfernt und man legt ein ausgeklügeltes Drainage- (und teilweise auch Bewässerungs-)System an. Die Banane ist nämlich zum einen auf eine hohe regelmäßige Wasserzufuhr angewiesen, zum anderen aber auch sehr empfindlich gegen Staunässe. Auf diese Fläche wird in regelmäßigen Abständen eine Seilbahn verlegt, an der die Bananen aus der Plantage in die Verpackstation - ein fabrikähnliches Gebäude - transportiert werden.
Nun ist die Fläche vorbereitet für das Pflanzen der jungen Stauden. Bananen werden vegetativ vermehrt und die Setzlinge vorgezogen. Nach etwa neun Monaten (je nach Klima) erscheint ein einzelner Blütenstand. Unter den Blütenblätter entwickeln sich die sogenannten Bananenfinger (also Cluster aus mehreren Bananen). Die weiblichen Blüten reifen zu den Bananen heran, die männlichen werden entfernt.
Um die Bananenbüschel vor zu niedriger Temperatur und Verbrennung durch zu starke Sonneneinstrahlung zu schützen, werden ihnen Plastiksäcke übergestülpt. In diesen weißen oder blauen, teilweise auch transparenten, Säcken befindet sich in den meisten Fällen ein Insektengift, meist Chlorpyrifos (Handelsname Dursban). Mit Hilfe von farbigen Bändern wird die Woche des Überstülpens markiert. Nach 15 bis 18 Wochen werden die Bananen grünreif geerntet. Verbleiben sie länger an den Stauden, werden sie mehlig und platzen auf. Auch die im Land selbst verbrauchten Bananen werden also grün geerntet.
Die ganze Zeit über werden die Bananenplantagen mit Pestiziden behandelt: Sprühflugzeuge verteilen ein Gemisch aus Pilzvernichtungsmittel und Mineralöl über Felder, Flüsse, Spielplätze und Wohnhäuser und wenig geschützte Arbeiter bringen per Rückenspritze Wurmvernichtungsmittel (Nematizide) und Unkrautvernichtungsmittel (Herbizide) aus.
Der Erntevorgang muss sehr behutsam vor sich gehen, da die Bananen sehr druckempfindlich sind. Die Arbeiter geben dazu Schaumstoffkissen zwischen die Bananenhände. Ein Arbeiter schlägt sodann den Scheinstamm der Banane an, so dass das Bananenbüschel auf die Schulter eines zweiten Arbeiters gleitet, der es zur Seilbahn bringt. Nachdem ein "Bananenzug" mit einem Gewicht von bis zu einer Tonne zusammengestellt ist, zieht ein sogenannter Schlepper diesen zur Verpackstation. Bezahlt wird er dabei nach Stückzahl an unbeschädigten und im Aussehen einwandfreien Bananen.
In der Verpackstation sind viele Handgriffe nötig, bis am Ende das fertige Exportprodukt steht: Die Blütenreste werden entfernt, die Plastiksäcke abgenommen, die Bananenhände vom Stiel geschnitten, in einem Wasserbad wird das austretende Latex weggewaschen, die Bananen werden sortiert, schließlich gewogen, etikettiert, gegen Kronfäule behandelt und in Kisten verpackt. Dies alles geschieht in der Geschwindigkeit, die die Bänder der Maschinen vorgeben und in tropischer Hitze.
Die Kartons gelangen per Eisenbahn oder in den meisten Fällen per LKW zu einem Verladehafen, manche Sorten werden auch per Flugzeug ins Bestimmungsland gebracht. Gleich ist bei beiden Transporten das Verpacken der Bananen in Kühlcontainern bei einer "Stillhaltetemperatur" von 13,5 °C. In Nordamerika, Europa und Japan erfahren die Früchte den letzten Schliff: In eigens dafür entwickelten Reifereien werden sie kontrolliert gereift:die Temperatur wird erhöht und das Pflanzenhormon Ethylen zudosiert. Die Bananen zum gewünschten Zeitpunkt auf den richtigen Reifegrad zu bringen, ist eine Kunst für sich. Der letzte Schritt der Vermarktung ist die Verteilung zu den Verkaufsstellen.


Durch den Anbau von Bananen entstehen verschiedenste Probleme:

Umweltprobleme:

1) Verringerung der Artenvielfalt, Rodung der ursprünglichen Wälder
Jährlich fallen riesige Flächen ursprünglicher Vegetation den Bananenplantagen zum Opfer. Denn richtig rentabel sind die meisten Böden nur 12 Jahre lang. Danach ist der Boden ausgelaugt, ein neuer Standort muss gesucht werden.
So gehen diese Lebensgemeinschaften für immer verloren. Der Boden erholt sich nur sehr langsam von der intensiven Ausbeutung durch den Bananenanbau, er ist vergiftet und auch für die Landwirtschaft nicht mehr nutzbar.

2) Bodenerosion
Meist wird der Boden mit Hilfe von Herbiziden ("Unkraut"vernichtungsmittel) unbedeckt gehalten, damit der Dünger und andere Agrarchemikalien gezielter ausgebracht werden können. Somit ist der den heftigen Regenfällen ungeschützt ausgesetzt und die dünne fruchtbare Schicht landet in den Flüssen und später im Meer.

3) Gefährdung von Lebewesen durch Pestizide
Durch die dichte Pflanzung lauter gleicher Stauden haben Krankheiten und Schädlinge ein leichtes Spiel und können sich rasch ausbreiten. Die tropischen Bedingungen tun ihr Übriges, noch dazu ist die heute überwiegend angebaute hochgezüchtete Varietät Cavendish sehr anfällig. Ein hoher Ertrag an Bananen ist nur zu erwirtschaften, wenn massiv Pestizide und Dünger zum Einsatz kommen.
Oft werden dabei Substanzen verwendet, deren Anwendung in Industrieländern verboten oder stark reglementiert ist. Ein weiteres Problem ist, daß viele der Chemikalien sehr stabil sind und somit ihre Giftwirkung lange Zeit entfalten und sich anreichern können.
Durch das Abwasser gelangen sie und die Flüsse und schädigen oder töten Wasserlebewesen und zerstören Korallen. Immer wieder kommt es zu Massensterben von Fischen in den Flüssen entlang der Plantagen. Die Pestizide können durch Bewässerung und sogar durch Niederschläge quasi überall hin gelangen.


4) Abfallproblem
Pro Kilogramm exportierter Bananen entstehen im Ursprungsland 2 kg Abfall. Der Großteil davon ist organisch und besteht aus dem Stiel sowie aussortierten Bananen. Zum Teil finden sich für Letztere Absatzmärkte im Inland oder sie werden zu Püree verarbeitet. Oft stapelt sich jedoch der Müll entlang der Straßen in den "bananeras" zu stinkenden Bergen.
Viele Produzenten haben mittlerweile erkannt, dass man dieses Potential nutzen kann und kompostieren die organischen Abfälle. Da diese jedoch Krankheitserreger enthalten können, ist eine spezielle Behandlung nötig.
Der Rest des Abfalls besteht aus Schnüren zum Schutz der Stauden vor einem Umreißen durch Stürme und den allgegenwärtigen Plastiksäcken. Diese werden nach ihrem Einsatz zum Abfallproblem und häufig zu Todesfallen für Fluss- und Meerestiere, wenn sich z.B. Meeresschildkröten darin verfangen.

Soziale Probleme

1) Ausbeutung der Arbeiter/innen
Arbeiter/innen müssen dafür überlange Arbeitszeiten mit wenigen Pausen in rasender Geschwindigkeit absolvieren.
Die Entlohnung ist denkbar schlecht. Sowohl auf den Plantagen der multinationalen Konzerne als auch bei den nationalen Produzenten, die an die Multis liefern, arbeiten die Menschen für einen Lohn, der kaum zum Überleben reicht und dazu führt, dass auch Kinder schon früh mitarbeiten und -verdienen müssen.
Bezahlt wird nach Stückzahl bzw. nach Fläche. Dies ist besonders gefährlich bei der Ausbringung von Pestiziden. Bei den anderen Arbeitsschritten führt es sehr schnell zu Abnützungserscheinungen, ein und dieselbe Bewegung ohne Pausen ausführen zu müssen.
Die Arbeitszeiten werden immer mehr verlängert, ohne dass die Arbeiter/innen einen höheren Lohn bekommen. Arbeitstage mit 12 Stunden sind die Regel, auch Samstags wird gearbeitet.

2) Fehlende soziale Absicherung durch Zeitverträge und Subunternehmen
Meist werden die Arbeiter nur für drei Monate beschäftigt und dann wieder entlassen. In Costa Rica arbeiten mehr als 70% der Beschäftigten mit befristeten Arbeitsverträgen. Auf diese Weise sparen sich die Unternehmen die Sozialabgaben, Weihnachtsgeld und Urlaub, die sie erst bei einer längeren Beschäftigung bezahlen bzw. gewähren müssen. Ein beliebtes Verfahren ist auch, die Arbeiter bei Subunternehmern auszuleihen. Diese Subunternehmer sind oft ehemalige Aufseher. Sie verfügen über wenig Kapital oder aber sie verbergen es, um ihren Arbeitern rechtmäßig zustehende Zahlungen und Entschädigungen im Falle von Krankheit, Arbeitsunfall oder ungerechtfertigter Kündigung vorzuenthalten. Das Subunternehmerwesen ist mittlerweile zu einem Instrument geworden, mit dem die Verpflichtungen der Arbeitgeber umgangen werden.

3) Lohndumping
In Costa Rica ist die neueste Masche der Multis, um die Löhne zu drücken, die Entlassung der Arbeiter, um sie am nächsten Tag für die Hälfte des Gehaltes wieder einzustellen. Die Regierung schaut dem tatenlos zu. Generell neigen die Regierungen dazu, die Arbeitsgesetzgebung immer weiter zu "deregulieren": die zulässige Arbeitszeit wird erhöht und der Kündigungsschutz abgebaut und es werden keine Mindestlöhne für die meisten Tätigkeiten in den Bananenplantagen festgesetzt.

4) Gewerkschaftsverfolgung
Obwohl die Verfassung vieler Länder Versammlungs- und Gewerkschaftsfreiheit gewährt, sind diese in den meisten Fällen nicht gewährleistet. Gewerkschaftsführern wird der Zutritt zu Plantagen verwehrt, Arbeiter, die einer Gewerkschaft beitreten oder mit ihr sympathisieren, werden entlassen und auf sogenannte schwarze Listen gesetzt. Diese Listen tauschen die Unternehmen untereinander aus, so daß die Betreffenden auf keiner Plantage mehr Arbeit finden können. Auch andere Repressionen, v.a. gegen Familienmitglieder, kommen zum Einsatz.

5) Kinderarbeit, fehlende Betreuung
Wie oben erwähnt, müssen die Kinder oft schon früh mitarbeiten. Damit haben sie nicht die Zeit, eine Schulbildung zu absolvieren, die ihnen womöglich den Weg aus den Bananenenklaven heraus ebnen könnte.
Auch wenn sie nicht arbeiten müssen, sind sie doch die meiste Zeit ohne Aufsicht, da viele Frauen nicht nur auf den Plantagen arbeiten und ihren Haushalt führen müssen, sondern auch alleinerziehend sind.

6) Gesundheitliche Aspekte
Durch die harte körperliche Arbeit und den massiven Einsatz von Pestiziden sind die meisten Arbeiter/innen nach 10 bis 15 Jahren mindestens berufs-, oft auch arbeitsunfähig. Erschwerend kommt hinzu, dass immer weniger Arbeiter/innen krankenversichert sind.
Viele der verwendeten Pestizide werden von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) als extrem oder hoch gefährlich (Klasse 1a und 1b) eingestuft. Diese akute Gefährlichkeit und Giftigkeit äußert sich u.a. in Hautausschlägen, Sehstörungen, Übelkeit und Erbrechen, schweren Nervenschädigungen, Muskelzuckungen und Krämpfen, vermehrter Lungenschleimbildung und Atemlähmung bis hin zum Tod.
Noch weniger erforscht sind die chronischen Auswirkungen. Wird ein/e Bananenarbeiter/in krank, ist der Rückschluss auf ein bestimmtes Pestizid als Ursache schwierig. Es häufen sich die Fälle von Dermatitis und Augenschädigungen bis zu Erblindung. Auch kommen zunehmend missgebildete Kinder zur Welt. Viele der Substanzen sind außerdem krebserregend oder stehen im Verdacht, es zu sein.

Öffentliche Aufmerksamkeit erregte in den 80er und 90er Jahren die von DBCP (ein Mittel gegen Fadenwürmer) verursachte Unfruchtbarkeit von ca. 20000 Bananenarbeitern allein in Costa Rica. Die Betroffenen leiden außerdem an vielen anderen Gesundheitsschäden, v.a. an Nieren, Leber und Lunge sowie an Kopfschmerzen, Schwindel und Hautkrankheiten.
Als DBCP in Mittelamerika zum Einsatz kam, war bereits bekannt, daß Arbeiter in den herstellenden Betrieben unfruchtbar geworden waren. Diese Erkenntnis war auch durch Tierversuche vorweggenommen worden. DBCP wurde daraufhin von der amerikanischen Umweltbehörde EPA verboten, wurde aber weiterhin von US-amerikanischen Firmen nach Mittelamerika geliefert.
Eine angemessene Entschädigung der Betroffenen ist nie erfolgt. Die Folgen dieses Pestizids berühren noch heute das Leben der Bananenarbeiter: Viele Kinder haben Lernschwächen, bleiben geistig zurück. Es gibt viele verborgene DBCP-Opfer unter den Fällen von Alkoholismus, Scheidungen und Selbstmorden.

7) Migrantentum
Eingewanderte Arbeiter, z.B. aus Nicaragua, können nur eine Aufenthaltserlaubnis bekommen, wenn sie eine Dauerarbeitsstelle nachweisen können. Dies ist auf den Bananenplantagen kaum möglich, da die Leute ja immer nur drei Monate beschäftigt werden. Ohne diese Aufenthaltserlaubnis wiederum werden die Menschen in die Illegalität gedrängt und sind noch leichter erpressbar. Oft erhalten sie keinen Zugang zur medizinischen Versorgung, da sie keine Bürger des Staates Costa Rica sind.

aus: Wen macht die Banane krumm? - Fairer Handel als Alternative
Vortrag im Rahmen des interdisziplinären Seminars"Umweltausverkauf und Verteilungskonflikte" an der Philipps-Universität Marburg - von Claudia Lederer
http://www.banafair.de