Im 15. Jahrhundert beginnt
nach Meinung vieler das sogenannte Zeitalter der Entdeckungen. Alles begann
mit dem Irrtum von Christoph Kolumbus, der sich auf der Suche nach einem kürzeren
Seeweg nach Indien befand und dabei auf den amerikanischen Kontinent stieß.
Allerdings befanden sich auch in den Jahrhunderten zuvor immer wieder Schiffe
mit ihren Besatzungen auf "Entdeckungsreisen" - und das nicht nur
von Europa aus.
Es ist jedoch so, dass zu diesem Zeitpunkt die ersten großen Schiffe gebaut
wurden, die in der Lage waren, den Atlantik zu überqueren und die genug
Verpflegung für eine mehrwöchige Schiffspassage ohne Unterbrechung
laden konnten.
Neue
geographische Entdeckungen zu machen,
war gleichbedeutend mit der Möglichkeit, schnell zu Ruhm und Reichtum zu
kommen. Und so reizte es viele Menschen, und eine Menge von ihnen sind sehr
bekannt geworden, weil sie als vermeintlich erste in ein von Europäern
bislang unbekanntes Gebiet vorgestoßen waren oder bestimmte Strecken zurückgelegt
hatten, die vorher niemand zu erkunden wagte. Nicht selten wurden diese Menschen
als "Abenteurer" bezeichnet.
Denn ein Abenteuer war es allemal, sich im Jahr 1492 weit über den Horizont
des Meeres hinaus zu wagen, auch wenn die meisten Menschen damals dachten, dahinter
stürze das Schiff bestenfalls in einen Abgrund, wenn nicht gar direkt in
die Hölle. Auch sich zum Beispiel quer durch die australische Wüste
zu bewegen, war ein Abenteuer. Doch waren die Europäer diesen Anstrengungen
kaum gewachsen, da sie sich, im Vergleich mit den dort lebenden Ureinwohnern,
nicht über Jahrhunderte hinweg an die klimatischen Gegebenheiten anpassen
konnten.
Einige dieser europäischen "Entdecker" und Abenteurer sind:
Vasco da Gama (um
1469 bis 1524)
Der portugiesische Seefahrer erreichte als erster Europäer Indien, indem
er um die Südspitze Afrikas, das Kap der guten Hoffnung, herum segelte.
(siehe auch 104)
Pedro Alvares Cabral
(1460 bis ca. 1526)
Setzte das Werk da Gamas fort. Mit einer großen Flotte segelte er nach
Indien und errichtete dort den ersten Handelsposten in Calicut. Noch bevor er
jedoch Indien erreichte, wurden seine Schiffe vom Kurs abgetrieben und segelten
weit über den Atlantik bis an die Küste des heutigen Brasiliens. (siehe
auch 104)
Jaques Cartier (1491
bis 1557)
Dem französischen Seefahrer und Forscher wird die "Entdeckung"
des St.-Lorenz-Stroms zugeschrieben. Auf der Suche nach einer Nordwestpassage
nach China erreichte er 20 Tage nach der Abfahrt in St. Malo das heutige Neufundland.
Er umrundete den gesamten St.-Lorenz-Golf und nahm große Teile Kanadas
für Frankreich in Besitz.
Auf seine dritten Reise erreichte er das Dorf Stadacona - heute Quebec und das
Indianerdorf Hochelaga. Er nannte den Hügel, auf dem es lag, Mont Réal
(Königsberg) - heute liegt dort die Stadt Montreal.
Sir Alexander Mackenzie
(um 1764 bis 1820)
Der gebürtige Schotte Mackenzie war nach New York ausgewandert. Einige
Jahre später trat er in die North West Company ein, die Expeditionen ausrichtete,
um eine Wasserroute zum Pazifik zu finden. Er nahm an einer Expedition entlang
eines Flusses teil, der später seinen Namen tragen sollte. Der Flusslauf
folgte jedoch nicht, wie gewünscht, einer Route in den Nordwesten Kanadas,
sondern ermündete in das Nordpolarmeer. Vier Jahre später nahm Mackenzie
an einer weiteren Expedition teil, die entlang des Fraser und dessen Nebenflüssen
tatsächlich eine Route bis zum Pazifik fand.
René Chevalier
de La Salle (1643 bis 1687)
Der französische Forschungsreisende La Salle war ursprünglich Händler
und besaß Land südlich des St.-Lorenz-Stroms. Er erforschte die Region
südlich des Ontario- und Eriesees und behauptete, den Ohio entdeckt zu
haben.
Er entwarf einen Plan zur Erkundung des Westens Nordamerikas und bat die französische
Regierung um Unterstützung bei diesem Unterfangen. Mit deren Finanzierung
befuhr er, gemeinsam mit dem Franzosen Henri de Tonty, als erster Europäer
den Mississippi auf seiner gesamten Länge bis zum Golf von Mexiko. Das
Gebiet entlang des Stroms nahm er für Frankreich in Besitz und benannte
es nach dem König Louisiana. Zum Dank wurde er zum Vizekönig Nordamerikas
ernannt.
James Cook (1728
bis 1779)
Der britische Seefahrer James Cook wurde durch seine drei großen Reisen
in den Südpazifik und die Nordamerikanischen Küstengebiete weltberühmt.
So kartographierte er von 1756-1767 die nordatlantischen Küstengebiete
Kanadas.
1768 fuhr er mit seinem Schiff Endeavour in den Südpazifik. Er brachte
Astronomen nach Tahiti, die von dort den Lauf der Venus beobachten sollten.
Von dort segelte er weiter nach Neuseeland und nahm die Insel für die Englische
Regierung in Besitz. 1770 landet er als erster Europäer an der Westküste
Australiens. Er nannte das Gebiet New South Wales, kartographierte es und nahm
es ebenfalls in Besitz.
1772 startete seine zweite Reise. Diesmal befand sich Cook auf der Suche nach
dem Süderdteil "Terra Australis" (siehe auch: Eroberung Australien)
denn bislang dachte er, Australien sei nur ein Teil des Kontinents.
1773 kreuzte er als erster Europäer den südlichen Polarkreis, entdeckte
weitere Inseln (u.a. die Sandwich-Inseln) und bewies schließlich, dass
es keinen Erdteil der Größe Asiens auf der südlichen Erdhalbkugel
gibt, sondern "nur" die Eismassen der Antarktis.
Auf seiner dritten Reise im Jahr 1776 machte sich Cook auf die Suche nach einer
Nordwestpassage zwischen dem Atlantik und dem Pazifik. Seine Suche blieb ergebnislos,
doch er kartographierte unterwegs die Küste Alaskas und stieß bis
zur Beringstrasse vor. Treibendes Eis zwang ihn zur Umkehr und er kehrte zu
den Sandwich-Inseln im Pazifik zurück. Dort wurde er von den Ureinwohnern
umgebracht.
Mungo Park (1771
bis 1806)
Der schottische Arzt Mungo Park interessierte sich bereits lange für den
afrikanischen Kontinent, bis er sich im Jahr 1795 aufmachte, den Fluss Niger
zu erforschen. Mit seiner Expedition lief er 320 Kilometer am Gambia entlang,
bis er zu der Handelsstation Pisania gelangte (heute Karantaba). Von dort drang
er weiter in den Osten, in bislang von den Europäern unerforschte Gebiete
vor. 1776 erreichte er den Niger in der Nähe der Stadt Segu. Er stellte
fest, dass der Niger, was man lange Zeit nicht genau wusste, von Westen nach
Osten fließt Er wanderte 130 Kilometer am Fluss entlang, bis ihn der Mangel
an Verpflegung zum Aufgeben zwang. Zurück in Schottland veröffentlichte
er, wie viele andere der Seefahrer und Forscher, seine Reiseberichte. Ein paar
Jahre später startete er erneut eine Expedition an den Niger. Auf dieser
Reise erreichte er die sagenumwobene Stadt Timbuktu, allerdings waren von den
39 Mann, mit denen er die Expedition begann, gerade mal noch 8 übrig geblieben.
Bei den Stromschnellen von Bussa verliert sich ihre Spur. Bis heute ist nicht
ganz klar, ob sie ermordet wurden, oder ertranken. Wahrscheinlich fiel Mungo
Park einem Gefecht mit Ureinwohnern zum Opfer. Was Park noch übermittelte
war, dass der Niger ab einer bestimmten Stelle nicht mehr von West nach Ost
fließt, sondern von Norden nach Süden.
Heinrich Barth (1821
bis 1865)
Der deutsche Afrikaforscher Barth schloss sich im Jahr 1850 einer Expedition
ins Landesinnere von Westafrika an. Er durchquerte die Sahara und gelangte bis
zum Tschadsee. Dort starb der ursprüngliche Leiter der Expedition, Richardson.
Barth übernahm daraufhin die Führung und erforschte den mittleren
Flusslauf des Niger und den oberen Flusslauf des Benne. Diese erste Expedition
endete in Timbuktu.
Später unternahm Barth weitere Expeditionen. Sie führten ihn nach
Kleinasien, Griechenland und Bulgarien.
Sir Richard Francis Burton
(1821 bis 1860)
Richard Burton, britischer Forscher, Orientalist und Autor, schloss sich 1842
der Armee der East India Company an und diente 7 Jahre in Sind (Indien). Dort
lernte er mehrere Sprachen, die ihm später auf seinen Expeditionen zugute
kommen sollten. Insgesamt lernte er während seines Lebens etwa 25 Sprachen.
1853 war er der erste Europäer, der sich, als Afghane verkleidet, auf eine
Pilgerreise nach Mekka und Medina begab.
1854 bereiste er, gemeinsam mit John Speke Somaliland. 1856 machten sich die
beiden auf, nach der Quelle des Nils zu suchen, und erreichten dabei den Tanganjikasee.
Burton veröffentlichte zahlreiche Reiseberichte und übersetzte diverse
Bücher aus dem asiatischen Raum. Zu seine bekanntesten Übersetzungen
gehören die Geschichten aus Tausend und einer Nacht.
John Hanning Speke
(1827 bis 1864)
Die Quelle des Nils zu finden, gelang schließlich Speke allein, der, nachdem
er sich von Burton getrennt hatte, auf eigene Faust weiter suchte. Dabei stieß
Speke als erster Europäer auf den Victoriasee und auf seiner zweiten Reise
fand er die Riponfälle am Victoriasee, aus denen der Nil entsteht.
Maria Sibylla Merian
(1647 bis 1717)
Die aus Frankfurt/Main stammende Malerin, Kupferstecherin und Naturforscherin
Sibylle Merian widmete sich in ihren Studien hauptsächlich der Entomologie
(Insektenforschung) und der Erforschung der südamerikanischen Fauna und
Flora. Sie bereiste im Jahr 1699, im Alter von 52 Jahren, 2 Jahre lang Surinam.
Sie dokumentierte die dortige Tier- und Pflanzenwelt in zahlreichen Studien,
die sich in ihrem Hauptwerk wiederfinden.
Sir John Franklin
(1786 bis 1847)
Der britische Schiffsoffizier und Kolonialbeamte machte sich mit einer Expedition
auf den Weg, die Arktis zu erforschen und eine Passage in den Westen Kanadas
zu finden. Erst die Suche nach seiner verschollenen Expedition führte jedoch
zum Ziel.
Nachdem er bereits in den Jahren zuvor an mehreren Expeditionen teilgenommen
hatte und für deren Ergebnisse in den Adelsstand versetzt wurde, wurde
ihm 1845 die Leitung einer Expedition zur Suche der Nordwestpassage übertragen.
Zahlreiche Suchexpeditionen, zumeist finanziert von seiner Witwe, wurden losgeschickt,
um über den Verbleib von Franklin und seiner Mannschaft etwas herauszufinden.
Einer dieser Expeditionen, unter der Leitung von Robert McClure, gelang auf
diese Weise tatsächlich, eine Nordwestpassage zu finden. Dabei erkannte
er jedoch schnell, dass diese Passage niemals zum Handelsweg werden konnte,
da sich der Weg von Jahr zu Jahr unterschiedlich veränderte. Die arktischen
Eismassen blockierten im Winter große Teile der Strecke, im Sommer öffneten
sich jedoch Passagen an immer wieder anderen Stellen, die unmöglich auf
Karten festgehalten werden konnten.
Der Expedition von John Rae gelang es schließlich, etwas über den
Verbleib von Franklins Expedition herauszufinden. Durch Hinweise der Inuit konnten
deren letzte Überreste geborgen werden.
Dies ist natürlich nur ein sehr kleiner und unvollständiger Ausschnitt
aus einer langen Reihe von Forschern und Seefahrern, die sich aufmachten, neue
Seerouten zu finden oder unbekannte Länder und Kontinente zu entdecken.
Ihre Reiseberichte lesen sich spannend und beschreiben vielfach eine wundersame
und schöne neue Welt. Was in der herkömmlichen Geschichtsschreibung
jedoch zumeist außer Acht gelassen wird, ist die Tatsache, dass es im
Grunde nichts zu "entdecken" gab. Die meisten der Länder, Inseln
und Kontinente, die für die Europäer Neuland darstellten, waren seit
Jahrhunderten oder gar Jahrtausenden bewohnt und erschlossen. Hier lebten Menschen,
die bemerkenswerte und teilweise den Europäern weit überlegene Kulturen
aufgebaut hatten, die nahezu alle den Entdecker- und Erobererdrang der Europäer
zum Opfer fielen. Noch heute zeugen großartige Bauwerke, oder z.B. die
Stabkarten der Marshall-Insulaner, aus Palmblattrippen oder Kokosfasern geflochtene
Navigationskarten, von deren Entwicklung und Fähigkeiten.
Bildnachweis: http://www.hdg.de/lemo/objekte/pict/pli01495/index.jpg
Plakat zur Ausstellung "Central-Afrika-Expedition
1907/08"
Entwurf: Hans Rudi Erdt
Deutsches Historisches Museum, Berlin