Eisenbahn

1860, HAVANNA

Dichter in der Krise

Dreizehn Tote kommen in Kuba auf jeden Kilometer ausgebaute Bahnstrecke. Die Bahn befördert Zucker von den Plantagen um Güines in den Hafen von Havanna. Die Toten sind Afrikaner, Iren, Kanarier und Makaochinesen und wurden als Sklaven oder elend entlohnte Handlanger von Menschenhändlern herangeschafft. Und der Zuckerboom verlangt immer noch mehr
Auch die erste Ladung Yukataner Maya-Sklaven wurde vor zehn Jahren nach Kuba geliefert. Hundertvierzig kriegsgefangene Indios - zu fünfundzwanzig Pesos das Stück, Kinder gab es gratis dazu. Danach verlieh Mexikos Staatspräsident Santa Ana dem Oberst Manuel Marfa Jimenez das Menschenhandelsmonopol, und der erhöhte die Preise: Ein Mann kostete jetzt hundertsechzig, eine Frau hundertzwanzig und ein Kind achtzig Pesos. Der Maya-Krieg ging eben weiter und dementsprechend auch die kubanischen Darlehen und Waffenlieferungen. Für jeden verkauften Sklaven kassiert die Yukataner
Provinzregierung eine Steuer und finanziert ihren Krieg gegen die Indianer also mit Indianern.
José Zorilla, der spanische Dichter, hat in der Hafenstadt Campeche - zwecks Weiterverkauf auf Kuba - eine Partie Indianer aufgekauft. Alles war schon zur Verschiffung bereit - da raffte das Gelbfieber seinen Partner in Havanna, Cipriano de las Cacigas, hinweg. Nun tröstet sich der Autor von Don Juan Tenorio mit Verseschmieden auf einer Kaffeeplantage.

aus: Eduardo Galeano, Erinnerung an das Feuer