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In seinem gedruckten Programmheft schreibt Buffalo Bill, er habe die Indianer nicht wegen des Erfolges in der Arena bei sich, sondern um sie zu erziehen. Sie sollen auf ihrer Reise durch die Neue und Alte Welt sehen, dass es viele Bleichgesichter gibt. Sie sollen sich bewusst werden - und dann ihren ungehorsamen Brüdern erzählen -, wie ,,irrsinnig lächerlich jeder Widerstand der Handvoll roter Krieger sei". Denn - Weiße gibt es viel mehr.
Die Leute Sitzen unter dem Chapiteau des Zirkus, "Wilder Westen", lesen das Programmheft und warten. Sie warten in vielen amerikanischen Städten und später in London, Paris, Rom, Wien.
In den Garderoben legen sich Cheyenne, Oglala und Arapaho ihre Masken an. Sie schlüpfen in ihre alten Trachten und legen den Kopfschmuck an. Daneben schminken Maskenbildner ehemalige Soldaten des 6. Reiterregiments der amerikanischen Armee und noch einige Schauspieler - sozusagen als Vervollständigung des Programms - zu kaukasischen Kosaken, Arabern, Japanern, Mexikanern.
Endlich ist alles bereit, der Vorhang öffnet sich. Als erster betritt Oberst William F. Cody selbst die Arena. Auf einem Schimmel, in seiner hirschledernen Parade-uniform eines Jägers, lange weiße Haare, Schnauzbart, gut gewachsene Figur, tapferer Blick. So wirkt er sehr effektvoll im Rampenlicht.
Ihm folgen die Indianer, die Cowboys und die Soldaten. Rassen und Nationalitäten von vier Kontinenten.
Nach der Arena-Parade die erste Nummer des Programms:
Durch die Arena ziehen friedlich weiße Auswanderer. Sie fahren zwei Runden und werden dann von hinten - aus den Umkleideräumen - natürlich hinterlistig von den Indianern überfallen. An ihren Grimassen erkennt man ihre Unmenschlichkeit, und ihr Kriegsgeschrei beweist, dass sie Primitive sind. Aber morden können sie. Fast sind die Weißen schon bis auf den letzten Mann tot. Doch in diesem Moment stürzt eine Horde Cowboys auf ihren Pferden herbei. Im Galopp rasen sie durch die Arena, schießen von der Seite, werfen ihre Lassos. Der Postwagen kann seinen
Weg fortsetzen, der Überfall der Indianer ist abgeschlagen. Der Weg der Einwanderer führt hinter die Kulissen, womit die erste Nummer endet.
Es folgt die zweite Nummer.
Eine friedliche Farm friedliebender Weißer wird völlig unerwartet überfallen - selbstverständlich wiederum von den blutrünstigen und hinterlistigen Indianern. Es wiederholt sich alles aus dem ersten Auftritt, nur die Kulissen und Kostüme sind andere. Und diesmal erscheint Buffalo Bill. Im Nu sind die Indianer überwunden, und Colonel Cody wird von der Tochter des Farmers dankbar umarmt.


aus: Václav Šolc, Die ältesten Amerikaner