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Der Traum von der "Großen Apartheid"
Als "Große Apartheid" wird die von den weißen Südafrikanern betriebene Politik der territorialen Rassentrennung bezeichnet. Sie fußt auf dem 1913 verabschiedeten "Natives Land Act" sowie dem 1936 erlassenen "Bantu Land Trust Act" - zwei Gesetzen, welche zwingend festlegen, dass sich alle schwarzen Südafrikaner in sogenannten "Homelands" niederzulassen haben, und zwar getrennt nach ihrer ethnischen Zugehörigkeit. Entsprechend den wichtigsten zehn Bantustämmen, die bei der Ankunft der weißen Siedler an der Südspitze Afrikas heimisch waren, wurden die zehn Homelands Bophuthatswana, Ciskei, Gazankulu, KaNgwane, KwaNdebele, KwaZulu, Lebowa, QwaQwa, Transkei und Venda geschaffen, und in der Folge mussten mehrere Millionen Schwarze gegen ihren Willen aus anderen Teilen Südafrikas in diese künstlich für sie geschaffenen "Heimatländer" umsiedeln.

Vordergründig argumentierte die weiße Regierung Südafrikas, dass die jeweils anders gelagerten Probleme der verschiedenen südafrikanischen Bevölkerungsgruppen am besten zu lösen seien, wenn sich jede auf ihrem Territorium gesellschaftlich, politisch und kulturell unabhängig entwickeln könne, wirtschaftlich aber mit den anderen verbunden bleibe. "Multinationale Entwicklung" hieß das beschönigende Schlagwort.

In Tat und Wahrheit verfolgte Südafrikas Regierung mit der Errichtung der Homelands hauptsächlich den Zweck, die privilegierte Stellung der Weißen in Südafrika zu festigen. So nehmen erstens die zehn Homelands nur 13 Prozent der Landesfläche ein, obschon die Schwarzen rund 80 Prozent der Bevölkerung Südafrikas ausmachen. Die Homelands sind entsprechend übervölkert, die existenziellen Nöte groß. Zweitens sind die Grenzlinien sehr sorgfältig gezogen worden, um Südafrikas Industriegebiete und seine Diamanten- und Goldminen auf "weißem" Gebiet zu belassen. Der Verlauf der Südostgrenze der Ciskei spricht diesbezüglich Bände.

Dadurch waren die von der südafrikanischen Regierung immer wieder betonten autonomen Entwicklungsmöglichkeiten der Schwarzen von vornherein miserabel. Sie konnten in den Homelands gewöhnlich nur ein Hungerleben führen und waren gezwungen, in großer Zahl als "Gastarbeiter" in den Industrie- und Bergbaugebieten der Weißen oder als Hilfspersonal in deren Städten zu arbeiten. Um dies zu tun, benötigten sie allerdings eine Genehmigung - und konnten so von den weißen Südafrikanern als billige Arbeitskräfte je nach Bedarf angeheuert oder abgeschoben werden.

aus: http://www.markuskappeler.ch/tex/fratex.html
© 1992 Markus Kappeler / Groth AG (erschienen in der "Flags of the Nations" Stamp Collection, Groth AG, Unterägeri)