101

1834, PARIS

Tacuabé

Auf den Landzungen am Quegay hat General Riveras scharf schießende Kavallerie ihr zivilisatorisches Werk beendet. In Uruguay lebt kein Indianer mehr.
Die vier letzten Charruas vermacht die Regierung der Akademie der Naturwissenschaften in Paris. Sie verschickt sie als Fracht im Laderaum eines Schiffes, neben anderen Koffern und Kisten.
Das französische Publikum darf die Wilden, seltene Belegstücke eines ausgestorbenen Stammes, gegen eine Eintrittsgebühr besichtigen. Die Wissenschaftler notieren ihre Gesten und Mienen, ihre Angewohnheiten und Körpermaße. Von der Form des Schädels schließen sie auf geringe Intelligenz und aufbrausenden Charakter.
Nach wenigen Monaten ergeben sich die Indianer und sterben. Die Akademiemitglieder reißen sich um ihre Leichen.
Nur der Krieger Tacuabé bleibt am Leben. Er flieht mit seiner neugeborenen Tochter und gelangt, niemand weiß, wie, nach Lyon. Dort verlieren sich seine Spuren.
Tacuabé war der Spielmann unter den Gefangenen. Er musizierte im Museum, wenn die Besucher gingen. Er befeuchtete einen Stab mit der Zunge, strich damit über einen mit einer Saite aus Pferdehaar bespannten Bogen und brachte so wundervoll schwingende Töne hervor. Die Franzosen, die ihn hinter den Vorhängen belauert haben, erzählen, es habe leise geklungen, gedämpft, fast unhörbar, als habe er sich heimlich mit jemandem unterhalten.

aus: Eduardo Galeano, Erinnerung an das Feuer