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1767, MISIONES
Die Geschichte von den sieben Dörfern
Der König von Spanien
machte seinem Schwiegervater, dem König von Portugal, sieben Dör-fer
zum Geschenk. Er verschenkte sie leer, doch sie waren bewohnt. Es handelte sich
um sie-ben Missionssiedlungen am Ostufer des oberen Uruguay, die Jesuitenpatres
für Guarani-Indianer gegründet hatten. Wie viele andere Missionsgründungen
auf Guarani-Gebiet hatten sie vormals als Bastionen an der ständig bedrohten
Grenze gedient.
Die Guarani-Indianer weigerten sich, fortzuziehen. Sollten sie etwa wie Schafe
den Weide-platz wechseln, bloß weil der Besitzer es so wollte? Sie hatten
von den Jesuiten nicht nur ge-lernt, wie man Uhren, Pflüge, Glocken, Klarinetten
und Bücher in der Guararni-Sprache her-stellt, sondern auch, wie man Kanonen
gießt, um sich gegen die Sklavenfänger zu wehren.
Portugiesische und spanische Soldaten vertrieben sie, und nachts stahlen sich
die Indianer doch wieder in ihre sieben Dörfer zurück. Wieder wurden
sie vertrieben, und wieder kamen sie zurück, diesmal aber als brüllender
Sturm, als zuckendes, brandschatzendes Gewitter. Und jeder erfuhr, dass die
Patres auf ihrer Seite standen. Des Königs Wille ist Gottes Wille, ließen
die Oberen in Loyolas Orden zwar verlauten. Und Sein Wille ist unerforschlich,
er stellt uns auf die Probe: Als Abraham der göttlichen Stimme gehorchte
und das Schwert über seines Sohnes Isaak Hals schwang, sandte Gott in seiner
Weisheit einen Engel daß er den Hieb im rechten Augenblick noch aufhalte...
Aber die Jesuitengeistlichen weigerten sich, die Indianer preiszugeben, und
da nützte es auch nichts, daß der Erzbischof von Buenos Aires wiederholt
mit der Exkommunizierung der Indianer und der Patres drohte. Vergeblich verlangten
die kirchlichen Würdenträger die Verbrennung des Pulvers und die Zerstörung
der Kanonen und Lanzen, die in den Missionen doch viele hundert Mal den Ansturm
der Portugiesen auf die spanische Grenze gestoppt hatten.
Der Krieg der sieben Dörfer gegen die zwei Kronen zog sich lange hin. In
der Schlacht am Berg Caybate' fielen eintausendfünfhundert Indios.
Die sieben Missionsdörfer wurden zwar dem Erdboden gleichgemacht, doch
hatte der portu-giesische König an dem spanischen Königsgeschenk nie
Freude.
Beide Könige verziehen den Affront nicht. Drei Jahre nach der Caybate'-Schlacht
verbannte der König von Portugal die Jesuiten aus allen seinen Besitzungen.
Und der König von Spanien tut es ihm soeben nach.
aus: Eduardo Galeano, Erinnerung an das Feuer