Die Vereinigten Staaten
England hat seine dreizehn
Kolonien an der amerikanischen Atlantikküste nie sonderlich beachtet. Sie
haben kein Gold, kein Silber, keinen Zucker - sie waren ihm nie unentbehrlich,
und es hinderte sie nie am Wachsen. So lernten sie auf eigenen Füßen
stehen, schon seit der Zeit, als die ersten Einwanderer das steinige Land betraten,
das sie Neu-England nannten. Und der Boden war so hart, dass man die Saatkörner
mit dem Gewehr in die Erde schießen musste. Inzwischen geht es den englischen
Kolonien gar nicht schnell genug mit ihrer Entwicklung.
Die dreizehn Kolonien hungern nach dem Land im Westen. Viele Pioniere träumen
von dem Sprung über die Mountains, zu dem sie nur eine Waffe, ein Beil
und eine Handvoll Mais mitnehmen wollen. Aber die englische Krone hat die Grenze
in den Bergkämmen der Apachen gezogen und alles Land dahinter den Indianern
zugesprochen. Die dreizehn Kolonien hungern auch nach Welt. Ihre Schiffe befahren
bereits alle Meere, aber die englische Krone schreibt ihnen vor, was sie einzukaufen
und wo sie zu verkaufen haben.
Da zerreißen sie mit einem Ruck die Fesseln. Alle dreizehn Kolonien weigern
sich, einem König auf einer so fernen Insel weiterhin ihren Tribut an Gehorsam
und Geld zu leisten. Sie hissen ihre eigene Fahne, sie beschließen, sich
Vereinigte Staaten von Amerika zu nennen, sie schwören dem Tee ab und küren
dafür ihr landeseigenes Produkt zum Nationalgetränk. Alle Menschen
werden gleich geboren, steht in der Unabhängigkeitserklärung. Die
Sklaven, eine halbe Million Negersklaven, erfahren nichts davon.
aus: Eduardo Galeano, Erinnerung an das Feuer